Indikation

  • Chronische laterale Sprunggelenksinstabilität mit rezidivierenden lateralen Distorsionsereignissen des oberen Sprunggelenks (OSG),

  • Versagen einer extensiven konservativen Therapie,

  • Reduktion der Sportfähigkeit und Lebensqualität,

  • pathologischer Schubladentest und lateraler Aufklappbarkeitstest,

  • arthroskopisch nachgewiesene pathologische laterale OSG-Aufklappbarkeit,

  • elongierte oder rupturierte laterale OSG-Ligamente mit genügend ortständigem Bandmaterial.

Vorbereitungen

Lagerung

  • Rückenlagerung, Kniehalter, freihängender Unterschenkel,

  • Staumanschette am ipsilateralen Oberschenkel.

Instrumentarium

  • Arthroskopiesystem: Gas oder flüssiges Medium, Videoturm, motorisierte Instrumente (Shaver, Fräse), Tasthaken, Schutzzangen.

  • chirurgische Grundinstrumente,

  • Fadenanker mit resorbierbaren Fäden.

Zugang und Portale

  • OSG-Arthroskopieportale

    • zentrales/ventrales Portal für diagnostische Arthroskopie,

    • anteromediales und anterolateales Portal für evtl. therapeutische Arthroskopie,

  • lateraler OSG-Zugang: von der distalen Fibula zum Sinus tarsi.

Schrittweises Vorgehen

Diagnostische Arthroskopie

Zunächst erfolgt die Durchführung einer diagnostischen Arthroskopie durch das zentrale/ventrale OSG-Portal (zwischen Tibialis-anterior- und Extensor-hallucis-longus-Sehne) zur Evaluation der lateralen Bänder (elongiert, rupturiert; Bestätigung der klinischen Verdachtsdiagnose), der medialen Bänder (kombinierte laterale und mediale Instabilität: Rotationsinstabilität) sowie des chondralen Zustands des OSG. Der Patient wird in Rückenlage und mit einem Keil unter der ipsilateralen Hüfte (30° Innenrotation des Beins) gelagert. Der Unterschenkel wird auf einem Kniehalter in knapp 90° freihängend ohne Traktion gelagert. Nach Desinfektion und steriler Abdeckung wird das Bein hochgelagert und die Oberschenkelblutsperre angelegt.

Zuerst erfolgt eine Punktion in Richtung OSG-Gelenksspalt zwischen der Tibialis-anterior- und Extensor-hallucis-longus-Sehne, um 10–20 ml Kochsalzlösung in das OSG zu instillieren. Kommt es zu einem Rückfluss der Kochsalzlösung aus der Kanüle nach der Injektion, so wird von einer korrekten Lage im OSG ausgegangen. Nach einer kleinen Hautstichinzision erfolgt eine stumpfe Präparation in Richtung OSG-Gelenkspalt mittels Spreizen einer kleinen Klemme. Anschließend wird das Standardarthroskop (40 mm-30°-Optik) durch diesen zentralen Zugang ins ventrale Kompartiment eingeführt. Zur Arthroskopie kann CO2 oder flüssiges Medium verwendet werden.

Das Sprunggelenk wird systematisch medial, zentral und lateral untersucht: der Zustand des Knorpels von Talus und Tibia, der Gelenkkapsel, der Syndesmose und der lateralen und medialen Bänder werden erhoben und festgehalten. Gegebenenfalls wird durch einen zusätzlichen anterolateralen oder anteromedialen Zugang ein Tasthaken, ein Elevatorium oder auch andere arthroskopische Spezialinstumente (Shaver, Schutzzangen) eingeführt.

Bei intakten Bandstrukturen bestehen straffe Kapselbandstrukturen, die vom Vorderrand der Fibula zum Talus (Lig. fibulotalare anterius , LFTA) und Kalkaneus (Lig. fibulocalcaneare , LFC) ziehen. Bei einer chronischen lateralen Instabilität mit Grad-1-Läsion sind die Kapselbandstrukturen, LFTA und LFC von der Fibula gelockert und elongiert („nackte Fibula“). Bei der Grad-2-Läsion der chronischen lateralen Instabilität ist die Fibula frei einsehbar und die Bänder (das LFTA allein oder das LFTA und LFC gemeinsam als Segel) sind abgerissen. Bei der Grad-3-Läsion sind sämtliche Bänder abgerissen, häufig ist auch das Peronealsehnenfach eröffnet, weshalb die Sehnen eingesehen werden können.

Nach dem diagnostischen Inspektionsrundgang wird das Ausmaß der chronischen lateralen Instabilität mit dem vorderen Schubladentest und dem Varusstresstest (dynamische arthroskopische Testung) beurteilt. Hierbei zeigt sich eine vermehrte laterale Aufklappbarkeit und Gelenklaxität (Abb. 3, Beitrag 1. Teil; Tab. 1; [3, 5, 6]).

Tab. 1 Arthroskopische Gradierung der lateralen Instabilität des oberen Sprunggelenks (OSG)

Besteht eine laterale OSG-Aufklappbarkeit und somit eine Instabilität, erfolgt nach Abbau des Arthoskopiesystems der offene laterale OSG-Zugang für die direkte anatomische Bandplastik.

Direkte anatomische laterale OSG-Bandplastik

Die Inzision der Haut beginnt über der distalen Fibula etwa auf Höhe des Tibiaplafonds und wird nach distal zum Sinus tarsi Richtung Basis des Metatarsale V erweitert. Dabei ist auf die laterale Abzweigung des N. peroneus superficialis und den N. suralis zu achten.

Das Retinaculum musculorum extensorum inferius wird nach distal und inferior weggehalten. Die perimalleoläre ligamentäre Anatomie wird dargestellt: das LFTA zieht von der Fibulaspitze zum Talushals, das LFC von der Fibulaspitze (Co-Insertionsstelle LFTA und LFC) hinter den Peronealsehnen zum lateralen Kalkaneus. Um das LFTA einzugrenzen, ist es hilfreich, in die anterolaterale OSG-Kapsel auf Höhe des lateralen Tibiaplafonds einzudringen und ein Arthrotomiefenster zu schaffen, um die Fasern des LFTA darstellen zu können. Ein ähnliches Kapselpräparationsfenster wird zum unteren Sprunggelenk hin zwischen LFTA und LFC vorbereitet (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Chronische Instabilität der lateralen Sprunggelenkligamente. Intraoperative Aufnahme mit Elongation, schlechter Gewebsqualität und partieller Abhebung des Lig. fibulotalare anterius (°) und Lig. fibulocalcaneare (*) von der anatomischen Co-Insertionsstelle (#)

Sind die Ligamente (LFTA und LFC) ohne offensichtliche Ruptur elongiert, so erfolgt als Weiterentwicklung der Raffungstechnik von Karlsson et al. [4] eine scharfe Abhebung des LFTA und LFC (Co-Insertion) am fibulären ossären Ursprung (Abb. 2). Nach Anfrischen der darunter liegenden distalen Fibula mit dem Luer werden 1 oder 2 Fadenverankerungsanker in anteroposteriorer Richtung an der Fibulavorderkante am Oberrand der LFTA-LFC-Co-Insertionsstelle eingebracht. Mit diesen Fäden werden die LFTA und LFC einzeln gefasst und raffend zum (zu den) Anker(n) hin und somit zu ihrer anatomischen Co-Insertionsstelle an der Fibulavorderkante gezogen.

Abb. 2
figure 2

Direkte anatomische Rekonstruktion des lateralen Bandapparats des oberen Sprunggelenks. a Absetzen (rot gepunktete Linie) der beiden betroffenen Ligamente (Lig. fibulotalare anterius und Lig. fibulocalcaneare) von der Fibulaspitze (A). b Refixation und Raffung derselben mit Fadenankern (*) an der anatomischen Co-Insertionsstelle (B)

Ein rupturiertes LFTA oder LFC ist oft vernarbt und mit der Kapsel verwachsen und Bedarf einer weiteren Präparation zur Lokalisation und Beurteilung des Defekts. In einem solchen Fall oder im Falle einer schlechteren Gewebequaltität des LFTA und LFC kann ein periostaler Lappen oder ein Lappen des Retinaculum extensorum inferium zur Stärkung der Ligamente benutzt werden. Diese Lappen werden präpariert und entlang des LFTA und/oder LFC und der Kapsel mit Einzelknopfnähten fixiert. Dies verleiht zusätzliche Stabilität und ein verbessertes propriozeptives Feedback.

Als Alternativen zur beschriebenen Technik können die Brostrom- [1] oder Brostrom-Gould-Technik [2] verwendet werden. In der Originalarbeit von Brostrom [1] wurde das LFTA und LFC in ihrem ligamentären Mittelbereich („intraligamentär“) vernäht und rekonstruiert. Als Modifikation davon beschrieb Gould 14 Jahre später zusätzlich zu dieser intraligamentären Technik die Raffung des Retinaculum musculorum extensorum inferius zur Fibulaspitze hin als verstärkendes „Segel“.

Nachbehandlung

Stabilisation in neutraler Stellung mit In-/Eversions- und Plantar-/Dorsalextensionsschutz für 4 Wochen mit einem Stabilschuh (z. B. Künzli Ortho-Rehab-Schuh), einer stabilisierenden Orthese (z. B. DJO-Orthese oder VACO®ped) oder einem gespaltenem abnehmbaren Unterschenkelgips.

Die Physiotherapie sollte bei gesicherter Wundheilung in einer ersten Phase mit Lymphdrainage und kleinen indolenten unbelasteten Bewegungsübungen starten, in einer späteren Phase ( >4 Wochen) werden mit der Freigabe der In-/Eversion und Plantar-/Dorsalextension Bewegungsausmaßübungen, isometrische Kraftübungen und propriozeptives Training durchgeführt. Das Tragen des Stabilschuhs oder einer stabilisierenden Sprunggelenksschiene oder -bandage (z. B. Aircast-Schiene, -Bandage) ist für 3 Monate empfohlen.